Durch die Beschäftigung mit der sozialdemokratischen Kritik an Thälmann ist mir plötzlich (noch einmal) klar geworden, wie sehr Walter Benjamins profane Konzeption der Geschichte quer steht zum hilflosen Anti-Faschismus der Weimarer Republik.
Weder die (radikale) kommunistische Linke noch die Sozialdemokratie verfügte über Konzepte politischer Aktivität, die Katastrophe aufzuhalten. Das hat zu tun mit den geschichtsphilosophischen Voraussetzungen dieser Politik. Sie können in zwei Formen gefasst werden:
je schlimmer desto besser
(apokalyptische Politik)alles nicht so schlimm
(sozialdemokratische Politik)
Gegen die apokalyptische Katastrophenfaszination (der kommunistischen Linken, aber auch der extremen Rechten) und den für die Wirklichkeit blinden Fortschrittsglauben (der Sozialdemokraten) setzt Benjamin die profane Unterbrechung des historischen Kontinuums und die Herbeiführung des wirklichen Ausnahmezustandes
, jetzt!
Das ist der politisch-theologische Witz, der die Brücke spannt zwischen seinem frühen theologisch-politischen Fragment und den letzten Thesen über den Begriff der Geschichte. Es geht um die klare Ansage an jede religiös fundierte Politik; Benjamin hat nicht nur (wie Ernst Bloch) jeder politischen Bedeutung der Theokratie, sondern auch jeder apokalyptischen Politik das Fundament entzogen. Um die Bedeutung dieser Kritik genau zu verstehen, muss man sehen, wie Benjamin den Begriff des Profanen fasst.
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