Politischer Realismus tritt in Deutschland gerne hypermoralisch auf.
Realos, das sind in allen Parteiungen die, die mit dem Gestus nüchterner Männlichkeit meinen, es müssten endlich die harten Fakten zur Kenntnis genommen und Verantwortung übernommen werden. Verantwortung - so buchstabiert man heute Militarismus. Gerne wirft man dem Gegner vor, naiv zu sein.
Die vermeintlichen Realisten sind in Wirklichkeit eine Clique von Gesinnnungsethikern, die die Welt nach ihrem Bild einrichten wollen. Nicht politische Interessen geraten dann in den Blick, sondern moralische Statements erhitzen den öffentliche Diskurs und lassen schließlich Krieg als Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten erscheinen, während er doch einzig legitim ist als letztes Mittel zur Rettung der bloßen Existenz.
Zur Moralität gehört, dass ich für das, was ich moralisch will, in der Realität einstehen kann. Ein guter Wille, der sich überfordert, macht Unfug. (...) In unserer westlichen Tradition der Befreiung müssen wir die sentimentale Verwirrung zurücknehmen und die gleiche Intensität des Gefühls auf langfristige Pazifizierung konzentrieren. (Alexander Kluge: "Unwirklichkeit tötet")
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