Jochen Hörisch (auf den Spuren Walter Benjamins) in einem Interview über wirtschaftswissenschaftlichen Dogmatismus.
Philologie als Kritik: zur Erschütterung falscher Gewissheiten oder vorgeblich eherner Gesetze.
Jedenfalls kenne ich keine andere Wissenschaft neben der Theologie, die so sehr auf Glaubenssätzen und Dogmen beruht wie die Wirtschaftswissenschaft. Und die dann zu allem Überfluss auch noch behauptet, sie operiere streng mathematisch mit durchgerechneten Zahlen, Daten und Fakten. Als Philologe entgegne ich, dass schon die Begriffswelt der Ökonomen wie ein Schwamm getränkt ist mit religiösem Vokabular.
Dazu ein großartiger Aufsatz von Christoph Schulte über den Kult ums Geld und Marktkritik als Sakrileg. Die ökonomische Aufklärung und Entmythologisierung des Geldes bleibe, so zitiert er Hörisch, »hinter dem Stand der religiös-theologischen Aufklärung bemerkenswert weit zurück«. Und, so Schulte:
Immer deutlicher zeige sich, dass das materielle Wertsystem ebenfalls eine Glaubensfrage ist: „dass die Menschen ihre lange Demütigung in der Religion, die ihnen zum Bedürfnis geworden war, der Treue zur Arbeit, zur Ware ... übertragen haben“. Da lohnt es vielleicht doch, eher wieder einem aufgeklärten Gottesglauben treu zu sein statt einem heillosen Geldglauben.
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