Die Erfindung der Bürgerbeteiligung

Bürgerbeteiligung - das ist im Moment das Stichwort, unter dem die Demokratie gegen Politik und Verbände verteidigt wird, die sich die Gesellschaft zur Beute gemacht haben.

Als einer der ersten und konsequentesten Vertreter der Volkssouvernität hat Marsilius von Padua 1324 in seiner Schrift Defensor Pacis, Verteidiger des Friedens, die Teilung der Gewalten und die Trennung von Staat und Kirche, von weltlicher und geistlicher Macht, gedacht und den entscheidenen Punkt darin gefunden: auf dem klar artikuliertem Volkswillen ruht Kraft und Autorität der Regierung.

Findung und Beschluss von Gesetzen beschreibt er so:

künftige( ) Gesetze (...) müssen in der Vollversammlung zur Abnahme oder Ablehnung vorgelegt werden, damit jeder Bürger sich äußern kann, wenn ihm Zusätze, Streichungen, Änderungen oder völlige Ablehnung notwendig erscheinen; denn dadurch wird die Fassung des Gesetzes nützlicher werden können. Wie eben gesagt, können nämlich die weniger gebildeten Bürger manchmal an dem Gesetzentwurf etwas als verbesserungsbedürftig empfinden, obwohl sie ihn selbst niemals finden könnten. Da die so gegebenen Gesetze besser befolgt werden, weil das ganze Volks sie angehört und ihnen zugestimmt hat, so wird auch keiner Anlaß haben, gegen sie etwas einzuwenden.

Das war 1324.

Heute ist die Demokratie zur Beute der Parteien und Verbände geworden, so dass, was einmal demokratisches Selbstverständnis war, die institutionalisierte Möglichkeit zur Partizipation erst wieder (zurück-)gewonnen werden muss.

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