Am 15. Februar 2006 wurde im Bau- und Umweltausschusses der Stadt Hohen Neuendorf die Untersuchung der bestehenden Baulandpotentiale durch das Vermessungsbüro Hagen vorgestellt.
Die Stadtverwaltung hatte dem Büro des jetzigen Bürgermeisters von Birkenwerder diesen Auftrag erteilt, um einen Überblick über die reale demographische Entwicklung in den verschiedenen Stadtteilen zu gewinnen, die auch als Grundlage für eine Aktualisierung des Flächennutzungsplans dienen sollte. Da für einige Bereiche bislang kein zuverlässiges Zahlenmaterial für die Stadtentwicklung vorlag, sollte die Studie dazu befähigen, die künftige Entwicklung besser beurteilen zu können und eine Ausgangsbasis für weiterreichende Untersuchungen darzustellen.
Herr Hagen informiert, dass in der Stadt Hohen Neuendorf ein kontinuierlicher Zuzug erfolgt, während in den meisten Städten im Land Brandenburg Einwohnerverluste zu verzeichnen sind. Im Durchschnitt wächst die Einwohnerzahl pro Jahr um mehr als 700 Personen. Nach einer umfassenden Analyse der Baupotentiale könnten im Jahr 2025 33500 Einwohner in der Stadt Hohen Neuendorf leben, wobei diese Zahl nur durch die Bebauung von freien Grundstücken und Erholungsarealen zu erreichen ist. Das entspricht einem Wachstum von 252 Prozent seit 1992, was erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Schulen, Kindergärten und des Straßenbaus haben wird. Er betont, dass vorwiegend junge Familien nach Hohen Neuendorf ziehen. Herr Hagen weist darauf hin, dass die Stadt Hohen Neuendorf bereits heute zu den 20 größten Städten im Land Brandenburg zählt. Er bemerkt, dass derzeit die im Ort befindlichen Baulandreserven in Form eines Baulandverzeichnisses katalogisiert wurden und somit eine gute Prognose darstellen. Insgesamt stehen nach seinen Berechnungen in den nächsten 20 Jahren 3198 Flächen für Einfamilienhäuser im Stadtgebiet zur Verfügung, die meisten in der Niederheide und im Stadtteil Bergfelde. Das größte Baupotential befindet sich im Bereich der Platanenallee. Dort sind langfristig 95 Bauplätze möglich.
Die Studie geht davon aus, dass die bestehende Struktur der Stadt nicht verändert werde und rechnet mit den Vorgaben aus Flächennutzungs- und Bauplänen. Mit der Untersuchung der Fortzüge wurde das Vermessungsbüro nicht betraut.
Überhaupt nicht klar wird im Protokoll des Bau- und Umweltausschusses, wie aus dem vorhandenen Baulandpotential methodisch die demografische Entwicklung prognostiziert wird. Denn aus dem vorhandenen Baulandpotential ergibt sich ja keineswegs dessen automatische Realisierung. Es hat den Anschein, als würde einfach die bis 2006 eher rasante Entwicklung der Stadt auf die zukünftige Entwicklung projiziert.
Möglichst schnelles Wachstum
Das Wachstum der Stadt Hohen Neuendorf war, folgt man dem Protokoll, das zentrale Thema in der Diskussion der Studie.
So kam vom heutigen Bürgermeister Hartung die Frage, ob ob der Zuzug möglicherweise gebremst werden sollte, da der Ausbau der Infrastruktur in der Stadt Hohen Neuendorf nicht mit dem Anwachsen der Bevölkerung Schritt halten könne.
Dipl Ing. Hagen empfiehlt darauf, möglichst schnell das Maximum an Einwohnern zu erreichen und parallel in die Infrastruktur zu investieren
. Außerdem sei Stadtmarketing zu betreiben, das den Entwicklungsprozess positiv und kreativ begleitet.
Auch sei ein schlagkräftiges Bau- und Planungsamt einsetzen, um die Entwicklung steuern zu können
.
Diese Ansicht scheint unwidersprochen geblieben zu sein. So sprach sich Norbert Matthes für ein schnelles Wachstum der Stadt Hohen Neuendorf aus
und nennt als Zielstellung, die Grundschule in der Niederheide zu bauen
.
Die Frage, warum schnelles Wachstum gewollt werden müsse, beantwortet Oleck (Bauverwaltung), wenn er darauf verweist, dass die die Entwicklungsprognose für die Stadt Hohen Neuendorf hinsichtlich der Fördermittelanträge und auch der Abrechnung bereits gewährter Zuschüsse von großer Wichtigkeit
sei.
So betreibt die Stadt Finanzpolitik auf der Basis von Bevölkerungspolitik - die Zukunft der Stadt wird finanziert durch Wetten auf demografisches Wachstum. Kein Wunder, dass dieses dann auch mit allen Mitteln politisch gefördert werden muss.
Eine weitere Diskussion darüber, ob und wie weit Wachstum politisch gewollt werden müsse, fand nicht statt; offensichtlich bestand 2006 ein deutlicher Konsens, die Entwicklung der Einwohnerzahl von Hohen Neuendorf durch die Realisierung vorhandener Baulandpotentiale im großen Maßstab und im bisherigen Tempo weiter voranzutreiben. Einig ist man sich darüber, dass Wachstum gesteuert werden könne; die politischen und verwaltungstechnischen Instrumente sollen allerdings allein zu seiner quantitativen Förderung eingesetzt werden.
Welches Wachstum
Denn ist von Wachstum die Rede, so ist immer nur quantitativ der Anstieg der Einwohnerzahl gemeint; der geplante Ausbau der Infrastruktur (Schulen) dient immer nur zur Kompensation des rasanten Wachstums.
Eine Vorstellung davon, wie die Stadt qualitativ wachsen, wie die Infrastruktur und die Lebensverhältnisse der Bürger verbessert werden könnten, scheint der Bau- und Umweltausschuss der Stadt Hohen Neuendorf nicht zu haben.
Was allein zählt, das sind mehr Einwohner. Erst Recht steht völlig außer jeder Diskussion, ob sich qualitatives Wachstum mit dem beschleunigtem Wachstum (33.500 Einwohner im Jahr 2025 ) überhaupt vertrage, ob es noch vereinbar sei mit dem (Selbst-)Bild der Stadt als Gartenstadt. (Auch die pfiffige Antwort, qualitatives Wachstum setze quantitatives Wachstum voraus, gehe mit ihm Hand in Hand, erscheint mir deswegen ein wenig zu voreilig.)
Maßnahmen und Pläne
Die Bauverwaltung wolle die Studie als Grundlage nutzen, um in den nächsten Jahren mit Hilfe des Poly-GIS-Systems einen Überblick über die zu erwartende Entwicklung (Zuzüge, Bauanträge) zu erhalten
und schlägt vor, in einem halben Jahr einen Zwischenbericht über den Entwicklungsstand zu geben
.
Was ist aus diesen Plänen geworden?
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