Der Probleme des Stadtteils Hohen Neuendorf, sonst vor allem Stiefkind und Schauplatz missglückter Experimente der Stadtentwicklungspolitik, hat sich 2006 die Konzeptstudie Grünverbundsystem
angenommen.
Als informeller Plan zur Stadtentwicklung gehört die Studie zu einer ganzen Reihe von Plänen, Konzepten und politischen Willensäußerungen, die eine stadtentwicklungspolitische Antwort auf den (sub-)urbanen Druck geben wollen, dem Hohen Neuendorf in besonderem Maße ausgesetzt ist.
Auch diese Studie versteht sich ausdrücklich als Reaktion auf die überdurchschnittliche demografische Entwicklung Hohen Neuendorfs und die fortschreitende Verdichtung des Stadtteils.
Grünen Charakter des Stadtteils bewahren
Charakteristisch für Hohen Neuendorf sei die offene Siedlungsstruktur mit hohem Grünanteil
- der kleinräumige Wechsel strukturreicher Landschaftsräume mit strukturärmeren aber grün geprägten Siedlungsräumen
. Und für den Erhalt dieses Ortsbildes plädiert die Studien ausdrücklich:
Vor dem Hintergrund der überdurchschnittlich wachsenden Stadt ist es eine vordringliche Aufgabe, den seit über 100 Jahren bestehenden grünen Charakter der Ortsbild prägenden Siedlungsstruktur zu bewahren und einen Beitrag zur Erhaltung und Steigerung der Attraktivität der Stadt Hohen Neuendorf für ihre Bürger und Gäste zu leisten.
Zu diesem Zweck entwickelt die Studie die spezifischen Grundlagen für
- die Sicherung von Freiflächen
- und die bedarfsgerecht Entwicklung und Gestaltung von Flächen für Freizeit- und Erholungsaktivitäten.
Grünflächen fehlen
Schon für den September 2004 stellt die Studien im Ortsteil Hohen Neuendorf ein Defizit an öffentlich nutzbaren wohnungsnahen Grün- und Erholungsflächen in Höhe von insgesamt ca. 63.000 m2 fest.
Daraus folge, dass unstrittig
sei, dass
eine bessere Versorgung in quantitativer und teilweise qualitativer Hinsicht mit Grün- und Freiflächen in der Stadt vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation angestrebt werden sollte.
Und deswegen bestehe die Dringlichkeit, in vorausschauender Weise Freiflächen innerhalb der bebauten Siedlungsbereiche in angemessener Größe für die Erholung zu sichern
.
Grenzen der Kompensation
Allerdings folgt aus dem bereits 2004 festgestelltem Defizit an öffentlichen Grünflächen auch, dass die Verdichtung Hohen Neuendorfs nicht weiter unkontrolliert, gegen die Vorschläge geltender Planwerke (FNP) und auch in Missachtung stadtentwicklungspolitisch formulierter Ziele weiter getrieben werden kann.
Mit steigender Verdichtung wird es immer schwieriger und schließlich unmöglich, die negative(n) Auswirkungen dieser städtebaulichen Entwicklung
noch zu kompensieren. Irgendwann sind keine Grünflächen mehr da, die gesichert werden können, um mit dem Bevölkerungswachstum noch Schritt halten zu können.
Statt neue Kompensationsmaßnahmen für die fortschreitende Verdichtung zu suchen, sollte die Stadt vielmehr im Rahmen ihrer Möglichkeiten endlich (z.B. durch Bauleitpläne) die Verdichtung im Innenbereich zu steuern beginnen - und damit auch vom charakteristisch grünen Ortsbild bewahren und retten, was noch zu retten ist. Gerade weil bereits ein Mangel an öffentlichen Gründflächen besteht, ist es kaum verständlich, dass die Verdichtung privater (Bau-)Grundstücke weiter betrieben wird. Die Einwohner können schon jetzt nicht damit rechnen, dass sie ausreichen mit öffentlichem Grün versorgt werden.
Stadtentwicklungspolitik - keine wilde Verdichtung
Wird mitten im Wohnviertel weiter 4-stöckig gebaut, werden Grundstücke geteilt und wird in Bauplänen eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 als (orts-)üblich durchgesetzt, dann wird der Stadtteil Hohen Neuendorf bald nicht mehr wiederzuerkennen sein. Aus der Gartenstadt wird eine gesichtslose Vorstadt geworden sein.
Aber wer entscheidet eigentlich darüber? Wer entscheidet, wie dieser Stadtteil in Zukunft aussehen soll?
Zur Debatte stehen müsste endlich die Frage, welche Verdichtung in Hohen Neuendorf überhaupt gewollt ist. Die Antworten auf diese zentrale stadtentwicklungspolitische Frage sollte nicht länger der Bauverwaltung und dem (Immobilien-)Markt überlassen werden - sonst sind die politischen (Lippen-)Bekenntnissen zum Leben im Grünen und in der Gartenstadt kaum mehr ernst zu nehmen.
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