Das ist ein beliebtes Argument, oder genauer, eine beliebte rhetorische Figur, wenn es um die Durchsetzung von kommunalen Bebauungsplänen geht: einen Bedarf anmelden.
Der Antragsteller behauptet, es bestünde ein Bedarf an neuen Sportplätzen, Altenheimen, Mietwohnungen ... Damit macht der Investor deutlich, dass er in keiner Weise in eigenem Interesse, sondern im Namen einer großen Mehrheit, wenn nicht gar der Allgemeinheit spricht, im Namen der Gemeinde oder der Stadt, dass es ihm um das Gemeinwohl geht und nicht um eigene partikulare Interessen.
Um so ernsthafter müsste dann der Bedarf geprüft werden.
In Hohen Neuendorf ist das zunächst und vor allem nicht der Fall, da genügt es, einen Bedarf einfach zu behaupten. Wer dann (aus welchen Gründen auch immer) gegen ein weiteres Altenheim, einen Sportplatz oder neuen Mehrgeschossbau argumentiert, wird im Namen des Gemeinwohls rhetorisch bekämpft: man sei gegen Alte oder gegen Kinder & Jugend.
Um diese Kritik ernsthaft zu entkräften und ein sachliches Gespräch zu ermöglichen, müsste nur politisch diskutiert, ein Bedarf definiert und seine Erfüllung geprüft werden. Daran scheint aber kein Interesse zu bestehen. Es gibt keinen Sportstättenentwicklungsplan (das könnte so aussehen), keine seriöse Prognose der demografischen Entwicklung, keine Bestandserhebung von Altenpflegeplätzen, weder Perspektiven noch Konzepte für einen kommunalen Wohnungsbau.
Ein Bedarf wird von der Verwaltung im schlimmsten Fall dann bescheinigt, wenn ein Investor über die finanziellen Mittel verfügt, um ihn zu behaupten: Ich will investieren, also besteht ein Bedarf. Oder wenn die entsprechende Lobby über genügend Einfluss verfügt, um ihn durchzusetzen: Wir wollen das so, also besteht auch ein Bedarf an dieser Stelle.
Mit politischer Diskussion, mit transparenten Entscheidungen oder gar mit einer breiten und demokratischen Bedarfsermittlung mittels Bürgerbeteiligung hat das nichts zu tun.
Denn darüber könnte man gut und öffentlich reden: wie viele und was für Sportplätze brauchen wir, wo sollen sie gebaut werden und wer soll sie nutzen dürfen? Wie viele Altenpflegeplätze brauchen wir, wie und von wem sollen diese Heime organisiert sein und wie wollen wir überhaupt im Alter wohnen? Wie können wir (und können wir das überhaupt) für bezahlbaren Wohnraum sorgen, ohne städtebauliche Fehler der Vergangenheit zu wiederholen?
Der politischen Kultur der Stadt täten solche Diskussionen gut, sie würden zur Versachlichung des Klimas und zur Entschärfung des Streits führen. Bis dahin wird einfach behauptet und denunziert ...
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