Ein Zentrum für Hohen Neuendorf?

Der ehemalige Hohen Neuendorfer Bauamtsleiter Gerd Solik hat davon gesprochen, dass es wegen der dramatischen Folgen durch den Bau des Berliner Außenringes unheimlich schwierig sei, ein Zentrum zu entwickeln.

Die Frage ist, ob es nicht stadtentwicklungspolitische Nostalgie ist, von einem Zentrum Hohen Neuendorfs zu träumen.

Schon vom Wort Zentrum scheint eine Faszination auszugehen, als ob gerade das Zentrum gleich eine Lösung aller stadtentwicklungspolitischen Probleme mit sich bringen würde. Denn was bietet dieses Zentrum nicht alles. Orte für Begegnung, Konsum, Partizipation, Politik und Verwaltung und zum Wohnen? In das Zentrum kann man getrost alles hinein projezieren. Die Frage ist, ob es der richtige Ort für stadtentwicklungspolitische Visionen ist.

In den meisten Fällen ist nicht einmal klar, von was für einem Zentrum überhaupt die Rede ist. (1.) Ein Zentrum für ganz Hohen Neuendorf, (2.) ein Zentrum für Hohen Neuendorf und (!) Birkenwerder oder (3.) ein Zentrum nur für den Ortsteil Hohen Neuendorf?

Und wer will überhaupt eine große Zentrumslösung? Borgsdorf, Bergfelde und Birkenwerder haben selbst kleine Ortszentren entwickelt und viele Bergfelder und Borgsdorfer empfinden Hohen Neuendorf immer noch als fremdes Territorium und feindliche Macht, Ergebnis einer Eingemeindung von oben, bei der die Menschen nicht gefragt wurden und Bürgerbeteiligung ein Fremdwort war. Der Frust sitzt heute noch tief und könnte sich auf ähnliche Weise wiederholen, wenn Birkenwerder im Zuge einer vom Land Brandenburg veranstalteten Gebietsreform mit Hohen Neuendorf zwangsvereinigt wird.

Auch ein neues bzw. weiter entwickeltes Ortszentrum wird nicht zu einer verstärkten Identifizierung der Bürger mit ihrer Stadt führen. Identifikation verläuft heute über Teilhabe, über aktive Partizipation, nicht über Konsum oder repräsentative Orte wie ein Rathaus.

Die politische und planerische Herausforderung scheint mit eher zu sein, Konzepte zu entwickeln, um die Zerschneidungswirkungen durch Eisenbahn und Autobahn weiter zu begrenzen und die bereits vorhandenen Zentren miteinander zu verbinden. Die Vernetzung der Ortsteile ist wichtiger als ein imaginäres Zentrum. Was wir brauchen sind gute Verbindungswege und Orte der Kommunikation und Begegnung.

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